Portrait Erwin Eichbaum

Erwin Eichbaum: Leben in Bildern

Ich will malen – das stand für Erwin Eichbaum seit frühester Jugend fest. 1928 geboren, studierte er bereits im Alter von 16 Jahren an der Düsseldorfer Kunstakademie. Nach einer umfassenden traditionellen Ausbildung erlebte der junge Künstler in den 50er und 60er Jahren den Aufbruch der Avantgarde. Eichbaum ging seinen eigenen Weg. Er reduzierte die Farben, löste sich vom Gegenstand, um schließlich in der Natur sein wichtigstes Thema zu finden.

Inne halten: den feuchten Waldboden riechen, Baumrinde ertasten, tief ins Geflecht der Farben und Formen eindringen. Erwin Eichbaums Arbeiten lassen sich nicht im Vorübergehen konsumieren. Sie zwingen den Betrachter, seine Distanz aufzugeben und sich neuen Erfahrungen zu öffnen. Statt die Natur zu kopieren, schafft Eichbaum auf der Leinwand eigene, spannungsgeladene Erlebnisräume. Bäume werden zu Persönlichkeiten, hintergründige Farblandschaften lassen die Sinnlichkeit und Ästhetik, aber auch die Bedrohung der Natur spürbar werden.

Auseinandersetzung statt Dekoration

Der Maler erreicht dies durch ein temperamentvolles Spiel mit dem natürlichen Vorbild und seiner Verfremdung. Mit dynamischem Pinselstrich entwirft er eine Kalligraphie des Waldes, mit dem Messer schneidet er vertikale Bahnen aus fertigen Bildern, um sie zu Collagen zu verarbeiten. Mitunter legt Eichbaum Perspektiven übereinander und setzt Akzente in Signalfarben, um den Betrachter zu irritieren. Denn bei aller Leidenschaft für den künstlerischen Ausdruck ist seine Malerei kein Selbstzweck: „Meine Bilder sollen die Menschen zum Nachdenken bringen – pure Dekoration ist mir zu wenig“, so Erwin Eichbaum.

Suche nach den eigenen Wurzeln

Sein künstlerisches Fundament erhielt Eichbaum an der Düsseldorfer Kunstakademie, wo er unter anderem bei Wilhelm Schmurr, Otto Pankok und – als Meisterschüler – bei Theo Champion studierte. Stark beeinflusst vom damals vorherrschenden Realismus, perfektionierte Eichbaum sein zeichnerisches Talent und widmete sich auch in der Malerei zunächst dem Gegenständlichen. Nach Abschluss der Ausbildung suchte der Künstler nach seinen eigenen Wurzeln. So konzentrierte er sich in den 60er Jahren auf grafisch geprägte Motive, malte in Schwarz-Weiß und ließ den Akademismus endgültig hinter sich. Es folgte eine neue Phase seines Schaffens, in der sich der Maler vom Gegenstand löste. Intuitiv dem Pinselstrich folgend, entwickelte Eichbaum seine „künstlichen Landschaften“ – malerische Meditationen über innere Welten. Beispielsweise hat Eichbaum so seine Eindrücke von Franz Kafkas „Verwandlung“ verarbeitet. „Um ein Bild zu malen“, erklärt der Künstler, „brauche ich ein inspirierendes Erlebnis“.

Zurück zur Natur

Ein solches Erlebnis waren zu Beginn der 80er Jahre häufige Wanderungen mit Freunden im Siebengebirge. Erwin Eichbaum war tief beeindruckt von der Ursprünglichkeit der Natur, gleichzeitig beschäftigte er sich mit den Ideen der aufkommenden Ökologiebewegung. Während Joseph Beuys auf der documenta 7 mit seinem Projekt „7.000 Eichen“ zur Erhaltung der Umwelt mahnte, streifte Erwin Eichbaum mit Kamera und Skizzenblock durch die Wälder und begann an dem Thema zu arbeiten, das ihn bis heute beschäftigt. Seine Acrylbilder, Pastelle, Holzschnitte und Skulpturen bezeugen auf eindrucksvolle Weise die Vitalität und Schaffenskraft eines Künstlers, der sich nie modischen Strömungen unterworfen hat, sondern seinem künstlerischen Anspruch und seinen Überzeugungen treu geblieben ist.

Karin Thissen